„Zurück ins Büro“ als Ansage?

Hybride Praktiken sind mehr als die Frage des Arbeitsortes – eine Checkliste für den Praxiseinsatz von Führungskräften, Team-Coaches und Organisationsentwicklern.

Hybride praktiken

Kennen Sie die Diskussion, wie es mit dem Arbeitsmodell weitergehen soll? Ob man sogar unternehmensseitig eine „Ansage“ machen soll, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig drei oder sogar mehr Tage ins Büro kommen sollen?

Die Frage alleine greift zu kurz. Die kommenden Arbeitsmodelle muss man unter allen Aspekten hybrider Arbeit betrachten. Wir gliedern die dazu gehörigen hybriden Praktiken wie folgt:

  • Zeit
  • Ort
  • Kollaboration
  • Management und Organisation
  • Führung
  • Team- und Organization-Building
  • Governance

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Die vielen Dimensionen von Zeit

Der Aspekt „Zeit“ in der hybriden Arbeit umfasst all das, was es an Klärungen und Verabredungen zu Zeitrahmen und Arbeitszeiten braucht:

  • Wann wird gearbeitet? Wann darf man auch einfach „weg“ sein und sich um etwas Privates kümmern?
  • Wann wird sicher nicht gearbeitet (oder wann besteht jedenfalls kein Anspruch auf Erreichbarkeit)?
  • Welche Verabredungen gibt es zu Reaktionszeiten?
  • Wann sind gemeinsame Zeiten (digital und in Präsenz)?
  • Wie ist die Balance zwischen Meetingszeiten und konzentrierten Arbeitszeiten, gegebenenfalls Einzelarbeit?

Diese Zusammenstellung ist sicher noch nicht vollständig. Kritisch ist auf jeden Fall, dass Versuche zentraler "one size fits all"-Ansätze zum Scheitern verurteilt sind. Nicht nur wegen der Wünsche der Mitarbeitenden, schon alleine aus der Natur von Aufgabenstellungen und Prozessen heraus.

Der Ort der Arbeit ist nicht nur Büro oder Home-Office

Ort ist nicht gleich Ort. Man kann auch den halben Tag im Café sitzen und dabei extrem produktiv sein. Wir müssen sehr stark nach der Art der Arbeit gliedern und dann sehen, in welchen Umfeldern das jeweils am besten funktioniert, u.a. sind dies:

  • Konzentrierte Themenarbeit von 2-4 Teilnehmern
  • Kreativarbeit in größeren Gruppen
  • Abstimmungen und Informationsrunden
  • Socializing und Teambuilding
  • Konzentrierte Einzelarbeit

Natürlich eignet sich das "Büro" für die größeren Formaten alleine deswegen gut, weil sich dort räumliche Voraussetzungen dafür schaffen lassen, die an anderen Stellen unverhältnismäßig mehr Aufwand brauchen oder nicht zu erreichen sind. Technisch perfekt ausgestattete Kreativzonen sind eben nicht überall verfügbar. „Büro“ schafft also Voraussetzungen zum Arbeiten (das war früher eigentlich auch schon so, Bedarf und Bedürfnisse verändern sich halt).

Kollaboration - E-Mail war einmal

Zum technischen Umfeld für hybrides Arbeiten sei an dieser Stelle nur kurz auf folgende Aspekte verwiesen:

  • geteilte Dateien
  • digitale Whiteboards
  • Themen- und aufgabenbezogene Chatkanäle

Mehr Details dazu in unserem Technik-Blog-Beitrag. Wichtig: wer unternehmensintern E-Mails verschickt, ist im Zielmodell noch nicht angekommen.

Management und Organisation wie in agilen Teams

Es lassen sich für das hybride Arbeiten eine Reihe von Anleihen aus dem nehmen, was wir als agile Praktiken kennen. All dies ist in hohem Maße relevant für Teams die verteilt arbeiten und sich nur gelegentlich treffen:

  • Klare Prioritäten, kurz und mittelfristig (von OKR bis Backlog und KANBAN)
  • Transparenz zum Arbeitsstand, in geeigneten und leicht gebauten Tools
  • Laufende Abstimmung im Team: Kurze Abstimmzyklen, wöchentlich und täglich/zweitäglich – auch schnelles Feedback von Kunden
  • Gemeinsame Planungsrunden mit geeigneten Methoden und in hohem Takt

Natürlich muss man laufende Service-Tätigkeiten weniger komplex organisieren als Projektarbeiten (ein Postkorbsystem mag für einfachere Tätigkeiten vollkommen ausreichend sein). Wichtig ist, dass man die zur Komplexität der Aufgabenstellungen jeweils passende Lösung wählt – und dabei beachtet, dass es für verteiltes und hybrides Arbeiten mehr Transparenz und Abstimmung braucht, als in früheren büro-orientierten Arbeitsmodellen.

Führung als Königsdisziplin

Die Führungsarbeit im digitalen und hybriden Umfeld ist wesentlich anspruchsvoller als in der Vergangenheit. Dies stellt sicher viele Organisationen vor große Herausforderungen, weil die Führungskräfte viel dazu lernen müssen – und manch einer wird die Wahl seiner Profession überdenken. Ebenfalls nehmen wir viel Unterstützungsbedarf wahr und auch einen signifikanten Mangel an Führungskräften.

Führungsanforderungen sind:

  • Nähe halten, viele Vier-Augengespräche (Digital und in Präsenz), niemand aus den Augen verlieren.
  • Für kurzfristiges Feedback aus allen Richtungen sorgen
  • Konflikte klären, Erwartungen klar formulieren, für Rollenklarheit sorgen
  • Mitarbeiterentwicklung in kurzen Zyklen reflektieren und nachjustieren

Die Liste ist fortsetzbar. Letztlich umfasst die alle klassischen Führungsarbeiten, von denen sich viele jetzt jedoch deutlich anspruchsvoller zeigen. Der Wert von guter Führungsarbeit steigt also.

Und Team-Building wird zum Organisation-Building – dazu schreiben wir gelegentlich noch mehr in einem anderen Blogbeitrag.

Governance wird zum Thema für alle

Bürokratie? Keineswegs! Wir brauchen eine Menge von gegenseitigem Verständnis und verabredeten Spielregeln. Und wir müssen regelmäßig anschauen, ob diese funktionieren. Dies bedeutet unter anderem:

  • Erarbeiten eines Team-Contracts mit Verabredungen zu allen vorgenannten Punkten
  • Regelmäßige Retrospektiven
  • Bei Bedarf Nutzung von Teamcoaches
  • Klärungen an den Schnittstellen zwischen Teams – Abstimmung zu Zielen, Verantwortlichkeiten und deren Einhaltung

Die hier zusammengestellten hybriden Praktiken sind für uns eine Checkliste, um Teams und Führungskräfte zu unterstützen, künftigen Arbeitsmodelle zu gestalten. In allen Bereichen wird es Maßnahmen brauchen, um die Teams so zu enablen, dass sie wirklich arbeitsfähig sind.

Und dies bedeutet viel Arbeit für Führungskräfte und Organisationsentwickler! Arbeit die sich lohnt, denn so entsteht die Organisation der Zukunft, in denen Menschen gerne arbeiten und dann auch eine gemeinsame Identität und Bindung aufbauen.

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