Die Grundidee zum "agil werden": Klein anfangen

"Agil werden" ist vielfach der Wunsch der Manager oder Projektleiter. In den meisten Fällen gelingt dies jedoch nicht über "Management-Ansage", sondern über das Schaffen der entsprechenden Rahmenbedingungen - und über einen Start, der die vorhandenen Potenziale nutzt und Hindernisse umgeht oder beseitigt.
agiles Team
Agil werden nicht Projekte sondern Teams. Dies ist ein fundamentaler Unterschied, gerade für Organisationen, in denen viele Mitarbeiter in jeweils vielen Projekten tätig sind. Natürlich kann man die agilen Methoden in Projekten einüben (was auch hilfreich ist), die volle Wirkung erreicht der agile Ansatz jedoch erst dann, wenn ganze Teams agil werden.  
mit agilem Arbeiten beginnen  

Pragmatische Analyse und Kultur-Landkarte - die Navigation für den Start

Die Kultur eines Teams, des zugehörigen Managements und des Umfeldes (Fachabteilung, Kunden etc.) ist entscheidend dafür, ob ein Team agil arbeiten kann. Zunächst einmal muss man diesen Erfolgsfaktor Kultur für das Team selbst betrachten. Sind die Voraussetzungen im Team gut, tendiert es also zur Entwicklungsstufe Orange im Graves-System, dann kann man sich auf Methoden- und Rollenfestlegungen konzentrieren. Ist ein Team noch nicht so weit, dann werden die Entwicklungsmaßnahmen andere sein: Mehr Verantwortung, mehr selbst entscheiden, raus aus Besitzstands- und Zuständigkeitsdenken etc. Dann sind die Führungskräfte in fast paradoxer Weise gefordert, sowohl die Veränderung voran zu bringen als auch den Raum für Selbstorganisation zu schaffen. Agil werden: Erstellen einer Kulturlandkarte Auch das Umfeld hat eine starke Bedeutung. Chefs und Chef-Chefs müssen den Rahmen für agiles Arbeiten bieten, also Richtlinien, Entscheidungsbefugnisse des Teams, schnelle Eskalations- und Entscheidungswege. Sie müssen jedoch auch ihren Managementstil dahingehend überprüfen, was sie künftig selbst entscheiden wollen und was sie dem Team überlassen. Entsprechendes gilt an den Schnittstellen zu (internen) Kunden und anderen Abteilungen oder Projekten. Diese müssen entsprechend der jeweiligen Kultur aufgestellt werden. Dies bedeutet, entweder eine Integration in das agile Arbeitsmodell oder auch das bewusste Schaffen von Schnittstellen, die starke Unterschiede in Kultur und Arbeitsweise überbrücken.  

Auch für die anderen Start-Maßnahmen muss man Menschen und Organisation verstehen

Product Owner und Scrum Master sollten von der Persönlichkeit her zu den Rollen passen. Ein Product Owner entspricht vom Profil her in etwa einem fordernden Manager mit viel Fachkenntnis, ein Scrum Master ist letztlich ein Team-Coach, muss also feinfühlig und selbstbewusst gleichermaßen sein.
Planung mit KANBAN
Alle Rollen gilt es im Zusammenspiel richtig aufzustellen. Der Product Owner muss die Kultur der Kunden bzw. Fachbereiche, die er vertritt, kennen und dorthin eine Brücke bauen. Dabei darf er gleichzeitig nicht "aus der Rolle" fallen, sondern seine Priorisierungs- und Fachvorgaben-Funktion sehr klar ausfüllen. Priorisierung heißt aber auch Priorisierung mit dem Kunden, ggf. sogar gegen dessen Unwillen sich festzulegen. Fachvorgaben beschaffen - das muss erfolgen, auch wenn sich Schwierigkeiten zeigen (weil der Fachbereich sich gerade ganz wie Graves-Blau verhält und sich nicht zuständig erklärt). Der Scrum Master darf sich gleichfalls nicht die Probleme des Teams anziehen, sonst wird er Kummerkasten, Prellbock oder schlicht der "Depp für alles", was nicht funktioniert. Er muss die Probleme - in kulturkonformer Weise - beharrlich zeigen und auf Lösungen dringen. Dafür muss er Kulturen einschätzen können und kommunikationsstark sein.  

Die künftige Rolle der Führungskräfte

 
agil steuern
Die Führungskräfte haben "am langen Ende" vor allem eine Ermöglichungs- und Unterstützungsfunktion. Dann braucht man auch viel weniger Führungskräfte als früher. Auf dem Weg dahin ist jedoch vieles zu klären. Am Anfang braucht es Rahmenbedingungen, später klemmt es an allerlei Schnittstellen und Entscheidungen kommen nicht zustande. Den agilen Teams zu helfen, dass in kurzer Zeit unternehmensübergreifende Abstimmungen erfolgen und Entscheidungen zustande kommen, die das Team selbst nicht treffen kann oder soll, gehört zu den zentralen Aufgaben der Führungskräfte. Auch hier ist der Blick auf die Grundkultur der Organisation erforderlich. Ist so ein Führungsverhalten dann akzeptiert? Wirkt die Führungskraft nervig, z.B. wegen des Drängens auf schnelle Entscheidungen? Oder wird die Rolle in Frage gestellt, weil das Team sich in weiten Teilen selbst organisiert? Ein gutes Rollen-Selbstverständnis der Führungskräfte und eine zur Kultur passende Kommunikation sind also von großer Bedeutung.